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Bergwinkel - Stille Orte, stille Zeiten, mit dieser kleinen Überschrift ist
fast schon alles zusammengefasst, was es zu finden gilt, wenn man sich in den "Bergwinkel" begibt. Alpen, Hochgebirge, weit gefehlt. Wenn man sich aufmacht zum Bergwinkel, befindet man sich dort,
wo sich die Regionen Rhön, Spessart, und Vogelsberg treffen. Wir waren für 3 Nächte mit unserem VW T3 WESTFALIA Club
Joker dort. Mit ganz kleinem Besteck, also ohne unsere MTB´s, haben wir im besten Automobil der Welt gelebt, und auf Schusters Rappen die Gegend erkundet.
Nichts ist einfacher, als zu gehen, und dabei nur das wahrzunehmen, was sich zeigt. Es genügt, sich ein bisschen was zu Essen und zu Trinken in den Rucksack zu packen, die Kamera umzuhängen, und vor die Tür zu treten. Oder wie in unserem Fall, vor die Schiebetür.
Dieser Landstrich, etwas südlich von Fulda, und etwas nördlich von Schlüchtern gelegen, steht stellvertretend für viele Gegenden, die gut tun. Für Durchreisende oder Bleibende, so wie wir, findet nichts künstlich Arrangiertes statt. Hier ist der Tag, wie er nunmal ist. Die Dörfer sind welche, in denen einfach, gut und gerne gelebt wird, und die Landschaft lässt denen, die es sehen können, ihren unaufgeregten Charme zukommen. Nichts geschieht hier schneller als nötig, oder umfangreicher, als die Sinne es aufzunehmen in der Lage wären. Bergwinkel - Stille Orte, stille Zeiten, alles, was die Hügel, Täler und Orte bereithalten, genügt.
Omas Geschichten,
und woran man sich plötzlich wieder erinnert!
Die Böschungen an Feldrändern, Kriegsjahre, Schutz bei Luftangriffen während der Ernte. Das selbst genähte, dreieckige Tuch aus feinem Stoff, dass sie entweder locker um den Hals, oder als Sonnenschutz am Kopf trug.
Und da ist der obligatorische kleine Stein, der auf merkwürdige Weise wieder mal in den Schuh gelangt. Heute, so wie früher. Während meiner Wege taucht alles das in meinen Sinnen auf.
Raue Grashalme mit bohnenartigen Köpfen, sehe sie vor mir, Spitzwegerich, oder wie immer das Kraut heißen mag. Wer sie unter kindlichem Lachen beim gegenseitigen "Halmefechten" abgeschlagen bekam, hatte das Spiel verloren, aber niemand war böse drum. Der Strohhut meines Großvaters, so, wie ich nun einen trage, und wie ich ihn liebe!
Da sind die uralten Gerüche von heißem Staub, Getreide, und schweißgesättigtem Werkzeugen. Gerüche, die ich aus Bayern kenne, als kleiner Junge mit den Eltern im Chiemgau am Bauernhof im Urlaub. Gerüche für die Ewigkeit, die nun hier aus den offenen Toren kleinen Feldscheunen wehen. Picknick auf Baumstämmen, geschmierte Butterbrote, ein Stückchen Traubenzucker, und Zufriedenheit in allem. Mit jedem Schritt auf unseren Touren kommen wir etwas weiter im Bergwinkel herum, doch auch in der Zeit zurück. Es ist eine fast schon seltsam-schöne Sache hier.
Ruhe und Frieden pur. Ich weiß gar nicht, wann ich das in so einer intensiven Form zuletzt erlebt habe. Die Straßen und Städte, durch die ich auch oft mit Kamera streife, tun sich schwer damit, Ruhe und Frieden zu vermitteln. Die harmlosen Kinderspiele alter Tage, mit Grashalmen und Gelächter, sind dort kaum mehr zu finden. Wohl dem, der zumindest sich selbst noch finden kann. Hier im Bergwinkel, mit seinen stillen Orten, stillen Zeiten, ist der Aufwand dazu herrlich gering.
Nur allzu gerne sagt man dieser Art ländlicher Gegenden nach, "die Zeit sei dort stehengeblieben". Eher nicht. Jedoch fällt auf, dass hier viel öfter die Dinge, die alt und gut sind, Bestand haben dürfen. Das betrifft die Gerätschaften, die Fahrzeuge, die Lebensumstände, die Ansprüche, und vor allem auch, die Art des Umgangs miteinander. Sowas zeigen große Städte und laute Straßen kaum noch.
Doch im Bergwinkel, mit seinen stillen Orten und stillen Zeiten, bekommt das alles eine spürbare Wirklichkeit. Nicht, dass sie nur hier erlebbar wäre, aber in den lauten Welten unserer alltäglichen Umgebungen entwöhnt man sich nur allzu schnell davon, dem leisen Herzschlag des Lebens zu vertrauen. Die bedeutenden Dinge sind eben doch die einfachen Dinge, und das zufriedenere Leben mag wohl auch das einfachere Leben sein.
Abend wird es hier im Bergwinkel. Die stillen Orte werden ganz leise, die stillen Zeiten noch etwas stiller. Und inmitten dieser eher fremden Gegend schleicht sich sowas wie Vertrautheit ein. Noch wärmt die Sonne, doch die Schatten werden länger. Leise neigt sich der Tag, in der Bordküche vom WESTFALIA Camper kocht das Teewasser, stiller Ort, stille Zeit...
2024 © DT-Classics
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Michael Guggolz (Montag, 20 Mai 2024 14:31)
Lieber Dirk,
deine tollen Street Fotos bewundere ich ja schon immer. Und dieses mal freue ich mich, neben den wiederum tollen Fotos, genauso über deinen Text. Wenn ich die Augen zumachen würde, bräuchte ich die Bilder gar nicht, so gut beschreibst du die Gegend, die Stimmungen in der Landschaft und den Dörfern. Das Gefühl vermittelt sich…Ich komme aus einer solchen Gegend und kann das wohl ganz gut beurteilen.
Du beherrschst nicht nur deine Kamera, du kannst auch Prosa.
Liebe Grüße,
Michael
Dirk von DT-Classics (Montag, 20 Mai 2024 17:25)
Lieber Michael,
es ist wunderbar, was du schriebst, vielen Dank dafür!
Es ist bei mir schon immer so gewesen, Fotos + Geschichten hängen unmittelbar zusammen. Wenn sich tatsächlich einstellen darf, bei meinen Leserinnen und Lesern das Gefühl von "Dabeisein" zu erzeugen, ist alles erreicht.
Einen lieben Gruß sende ich dir in den Süden des Landes!
Herzlichst, Dirk
Louis Bernard (Dienstag, 21 Mai 2024 09:50)
Erste Klasse, wie das sich aneinander schmiegt in Text und Foto. Herr Guggolz hat es passend beschrieben. Wohl so ziemlich jeder, der das Landleben wenigstens ein bisschen kennt und mag, weiß sofort, was gemeint ist. Wie ein Film vorm inneren Auge.
Genau diese Art von Journalismus mag ich sehr, vielen Dank dafür!
Dirk von DT-Classics (Dienstag, 21 Mai 2024 10:14)
Lieber Herr Bernard,
danke vielmals für ihre regelmäßigen Kommentare, denn nur das belebt einen Blog. Mich freut das sehr.
Herzlich, Dirk Trampedach
Rolf Hollstein (Donnerstag, 23 Mai 2024 10:29)
Hallo Herr Trampedach,
macht Spass, zu schauen und zu lesen. Vor allem zeigt sich, wie schön es dort sein kann, wo touristisch wenig los ist. Solche Orte sind in der heutigen Zeit die eigentlichen Hot Spots.
Dirk von DT-Classics (Donnerstag, 23 Mai 2024 18:04)
Genau so, lieber Herr Hollstein, haben wir das auch empfunden.
Danke schön für den Besuch hier, und ebenso fürs Kommentieren!